Stuttgart Flair
Schnittchen mit Mettwurst - bittschön!<

Von Uwe Bogen

Die Welt des Metzgerdarstellers GAW: Von der Sitcom und vom Promi-Quiz in die schwäbischeHeimat.

Metzger sollte man sein - besonders dann, wenn einen der Schlachtruf von RTL ereilt. Der Multikünstler Georg Alfred Wittner - alle Welt, selbst seine Mutter nennt ihn nur GAW - wird in Köln als Sitcom-Star in Metzgerdiensten artgerecht gehalten. RTL stellt einen Chauffeur, bezahlt die Wohnung und viele Flüge in die Heimat - von Stuttgart kommt GAW halt nicht los.

Drei Buchstaben und eine Hornbrille. So kennt Stuttgarts Musikszene den stämmigen und auffallend freundlichen GAW seit fast zwei Jahrzehnten. Besondere Höhepunkte erlebte der gebürtige Reutlinger mit einer Elektro-Pop-Band, die auf den Namen Sexangels hörte. Der Weg von den Sexangels führte zu einer Metzgersrolle, die eine Frage bewusst offen lässt: Hatte der gutmütige und naive Bernie jemals Sex?

Mit diesem Rätsel spielen die Drehbuchautoren der RTL-Erfolgsserie „Ritas Welt“. Deshalb lassen sie den Metzger Bernie, Kollege der ständig fluchenden Supermarktkassiererin (Gaby Köster), bei der Mutter leben und ihn alles immer sehr langsam angehen. Ritas Welt und Realität. „Nicht alles ist so weit auseinander“, schmunzelt der bald 40-Jährige, während er in seinem Büro im Heusteigviertel tief im grünen Sofa versinkt. Nun gut, der „Metzger“ ist im wahren Leben Vegetarier. Und trägt eben eine starke Brille, keine Kontaktlinsen wie vor der Kamera. Aber die Ruhe und Gelassenheit des Bernie kennt er auch von GAW. Es dauert, bis er explodiert - aber dann gewaltig. „In vielen Figuren der Serie ist auch etwas Privates dabei“, meint der Zwei-Zentner-Kerl, „aber die Kollegen würden das natürlich abstreiten.“ Vielleicht macht die Authentizität den Erfolg der Supermarkt-Sitcom aus, die den Deutschen Comedy-Preis gewonnen hat und mit durchschnittlich sechs Millionen Zuschauern viele Sender neidisch werden lässt. Nach Talk-Shows und Quiz-Boom prophezeit das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ das „Jahr der deutschen Sitcoms“.

Vorbild dafür sind die Geschichten um die impulsive Kassiererin. „Mach mir mal „ne Rita“, heißt ein Branchenspruch, den Autoren oft zu hören bekommen. GAW macht auch in der vierten Staffel mit, die bald gedreht wird. Macht den Metzger, den im Grunde nichts umwerfen kann. Wenn“s brenzlig wird, schmiert Bernie ein paar Schnittchen mit Zwiebelmett. Ohne Casting war der Stuttgarter in „Ritas Welt“ gelandet - noch dazu ohne Schauspielausbildung. Die Produktionsfirma hatte die Comedyserie „TV Kaiser“ gesehen und endlich ins passende Metzgergesicht geblickt. Der Kotelettenträger spielte darin Talk-Gäste mit immer abenteuerlicheren Biografien.

Die Rollen bei „TV Kaiser“ verdankte er übrigens einem alten Stuttgarter Freund. Der hatte einst beim RTL-Radio im Heusteigviertel gearbeitet und war nach dessen Aus zur Kölner Produktionsfirma gewechselt. „Eigentlich sind die Leute immer auf mich zugekommen.“ So ging seine Karriere voran. Das Wirbeln um die eigene Person liegt ihm nicht. Manchmal freilich ärgert ihn die angeborene Zurückhaltung. Manchmal würde sich GAW gern stärker ins Spiel bringen, um an Rollen zu kommen, von denen er noch träumt. Ein Bösewicht in einem „Tatort“ - ja , das wär“ doch was!

Aber die Schauspielerei allein wäre ihm zu wenig. Er ist auch gewichtiges Fotomodell in der Werbung und führt in Stuttgart mit einem Freund die Firma Separee Electronique, die Internetseiten bastelt, CD-Roms, Kataloge und Plakate produziert. Im April will er Fotos in der Schmuckgalerie Lix ausstellen - gleich neben dem Café Stella, einem seiner Hauptstützpunkte in der Heimat.

Viele der Stuttgarter Freunde dachten schon, Ritas Fleischer habe die Stadt verlassen. Dabei denkt er gar nicht daran, es Kollegen gleichzutun, „die von Stuttgart wegziehen, um in Berlin oder Hamburg dann auch nichts auf die Reihe zu bringen“. GAW ist jetzt immerhin Promi. Neulich kam er in der Promi-Ausgabe des Quiz-Spiels „Der Schwächste fliegt“ bis ins Finale. Der Mann, der keinen Führerschein besitzt, wusste sogar, dass die Richtgeschwindigkeit auf deutschen Autobahnen Tempo 130 beträgt. Bei der Anordnung menschlicher Körperteile wird er dagegen noch etwas nachlernen müssen. Wo sich doch ein Metzger mit Schweinen auskennt!

Was waren das auch für Preisfragen? Hätte ihn die Quiz-Dame halt gefragt, ob sie ein paar Schnittchen haben kann.